Das Aufgehen im eigenen Tun, das beschwingende Gefühl, ganz und gar lebendig zu sein.
Gibt es Aktivitäten, die dazu dienen, Flow hervorzubringen?
Ja, die gibt es. Dazu gehören z.B. Spiele, Kunst, Rituale und Sport. Sie dienen primär dazu, positive Erlebnisse hervorzubringen. Sie helfen den Teilnehmenden und den Zuschauenden, ein geordnetes Bewusstsein zu erreichen. Ein Zustand, der sehr angenehm ist!
Wie fühlt sich Flow an?
Ein erfahrener Bergkletterer beschreibt seinen mentalen Zustand während des Kletterns folgendermassen: Ich tauche gewissermassen ein in das, was um mich herum vorgeht, in den Felsen, in die entsprechenden Bewegungen, in die Suche nach einem Halt für die Hand und nach der richtigen Position meines Körpers. Das absorbiert mich so stark, dass ich das Bewusstsein der eigenen Identität verliere und eins mit dem Felsen werde.
Ein anderes Beispiel: Beim Lesen eines Buches vertieft man sich so in die handelnde Person und ihre Schicksale, dass man sich selbst darüber vergisst.
Das heisst: Die gerade anstehende Aufgabe nimmt uns mit ihrer Komplexität so sehr gefangen, dass wir vollständig darin aufgehen. Es gibt keine Trennung zwischen Gedanken und Handlung, zwischen Selbst und Umgebung.
Die 8 Komponenten des Flow-Erlebens:
- Die Ziele sind klar: Um sich voll und ganz auf sein jeweiliges Vorhaben einlassen zu können, muss man genau wissen, was dabei zu tun ist, und zwar von Augenblick zu Augenblick. Was beispielsweise die Aufmerksamkeit des Kletterers gefangen nimmt, ist nicht das Endziel – das Erreichen des Gipfels -, sondern die unmittelbar anstehende Aufgabe, die nächste Bewegung auszuführen, ohne dabei abzustürzen. Selbstverständlich ist das Fernziel der Tätigkeit – das Erreichen des Gipfels – ebenfalls wichtig, aber die wahre Freude kommt von den Schritten, die wir unternehmen, um ein Ziel zu erreichen, nicht vom tatsächlichen Ankommen am Zielpunkt.
- Die Rückmeldung kommt sofort: Es fällt sehr schwer, sich anhaltend von einer Tätigkeit vereinnahmen zu lassen, wenn uns nicht rechtzeitig Informationen darüber zukommen, wie gut wir diese Tätigkeit ausführen. Das Gefühl des totalen Eingebundenseins, wie es das Flow-Erlebnis kennzeichnet, entstammt zu einem grossen Teil der Überzeugung, dass das, was man tut, wichtig ist und etwas bewirkt. Wichtig ist zu lernen, seinen inneren Massstäben zu vertrauen, die auf dem persönlichen Wissen und den bisherigen Erfahrungen beruhen.
- Handlungsmöglichkeiten und Fähigkeiten entsprechen einander: Es ist leichter, sich vollkommen auf eine Aufgabe einzulassen, wenn wir überzeugt sind, dass wir sie auch bewältigen können. Übersteigt sie unsere Fähigkeiten, reagieren wir mit Angst; sind wir unterfordert, reagieren wir mit Langeweile. In beiden Fällen wird die Aufmerksamkeit von der anstehenden Aufgabe abgezogen. Das heisst: Flow tritt ein, wenn sowohl die Handlungsanforderungen als auch das Handlungspotential hoch sind und beide in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen.
- Die Konzentration steigt: Im Zustand des Flows kann die Konzentration so stark sein, dass gelegentlich der Ausdruck «Ekstase» verwendet wird, um sie zu beschreiben. Es gibt Menschen, die geraten in Ekstase, während sie an ihrem Schreibtisch sitzen und ihren Geist durch eine Welt schweifen lassen, in der es nur Zahlen, Verse, Schachprobleme oder Musiknoten gibt. Ein Musiker erklärt: Ich habe das Gefühl, nicht zu existieren, alles scheint losgelöst von mir, und ich habe nichts mit dem zu tun, was geschieht. Ich sitze nur und beobachte, ehrfürchtig und staunend – und die Musik fliesst einfach von sich aus heraus.
- Was zählt ist die Gegenwart: Im Zustand des Flow haben die Sorgen und Probleme, die uns in unserem Alltag so zusetzen, keine Chance, von unserem Geist zur Kenntnis genommen zu werden. Da die Aufmerksamkeit sich auf die Gegenwart konzentrieren muss, finden Ereignisse aus der Vergangenheit oder Erwartungen an die Zukunft keinen Raum im Bewusstsein.
- Die Beherrschung der Situation: Wenn Menschen ihre Flow-Erlebnisse schildern, ist davon die Rede, dass sie das Gefühl haben, die Situation zu beherrschen. Das Beherrschen der Situation bezieht sich nicht auf das Umfeld, sondern vielmehr auf die Kontrolle über das eigene Tun.
- Das Zeitgefühl verändert sich: Ein typisches Kennzeichen des Flow-Erlebnisses ist die veränderte Zeiterfahrung. Oft wird Zeit als rasch verfliegend wahrgenommen. Manchmal tritt aber auch genau das Gegenteil ein, dann scheint die Zeit nicht zu schrumpfen, sondern sich eher auszudehnen.
- Das Aussetzen des Ich-Bewusstseins: Eingetaucht in die Erfahrung des Flow-Erlebnisses neigt man dazu, nicht nur die eigenen Probleme und das eigene Umfeld, sondern sogar das eigene Selbst zu vergessen – als wäre die Selbstwahrnehmung zeitweise ausgesetzt. Das ist ein Ergebnis einer intensiven Zentrierung der Aufmerksamkeit, die alles, was nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Aufgabe steht, aus dem Bewusstsein vertreibt. Es ist oft das Gefühl der Zugehörigkeit zu einem grösseren Ganzen.
Während wir unser Selbst für die Dauer des Flow-Erlebnisses in der Regel vergessen, kehrt das Selbstwertgefühl im Anschluss an diese Erfahrung stärker als zuvor wieder zurück. Menschen, die vergleichsweise mehr Flow-Erfahrungen machen, haben ein insgesamt höheres Selbstwertgefühl.
Um ein Leben lang glücklich zu sein, muss man sich zunächst um Selbsterkenntnis bemühen. Wenn man die eigenen Stärken und Schwächen kennt, wird man ein Gleichgewicht der Fähigkeiten und Handlungsanforderungen finden, das für ein Flow-Erlebnis so entscheidend ist. (Mihaly Csikszentmihalyi)
FLOW im Beruf – Was wirklich glücklich macht, ist, die eigene Arbeit richtig gut zu tun.
Flow bedeutet ja, dass wir auf Herausforderungen treffen und Fähigkeiten entwickeln; letzten Endes bewirkt dies Wachstum. Es handelt sich um ein Vorwärts-Entkommen aus der momentanen Realität.
Die Flow-Theorie sagt, dass es schwierig ist, anhaltend Freude an der gleichen Tätigkeit zu haben, wenn damit verbundene Anforderungen nicht kontinuierlich steigen. Ehrgeiz ist ein starker Motivator dafür, dass die Menschen sich die Freude an ihrer Tätigkeit bewahren.
Dazu Worte von Mike Hackworth/Cirrus Logic: Ich halte viel davon, dass man sich sehr ehrgeizige Ziele setzt. Ich glaube, man erreicht nur das, was man sich wirklich vorgenommen hat zu erreichen. Irgendjemand hat mal etwas gesagt, das ich mir gemerkt habe: «Wir sollten höher streben als wir greifen können.» Man sollte nach mehr als dem streben, was man sich ohne Mühe sichern kann – also setze ich mir sehr aggressive Ziele, sehr aggressive Vorgaben.
Eine optimistische Lebenseinstellung ist ein weiterer Grund, um mühelos Flow-Erfahrungen bei der Arbeit zu machen und über die Beschäftigung mit neuen Herausforderungen die eigene Person zu vergessen. Häufig wird dieser Optimismus von einer Art Sendungsbewusstsein begleitet, von dem Gefühl, dass das Leben einen Zweck hat.
Ausdauer – trotz aller Hindernisse niemals aufgeben. Ted Turner (Gründer von CNN) sagte dazu:» Wenn das Leben in ein Spiel mit klaren Regeln und Zielsetzungen verwandelt wird, ist es nicht schwer, Ausdauer zu beweisen, weil die Aufgabe so erfreulich ist. Was einem Aussenstehenden als grimmige Entschlossenheit erscheinen mag, die diese Person dazu treibt, endlos zu arbeiten, ist in Wahrheit das tiefreichende Engagement des Flow-Zustandes.
Jane Fonda beschreibt das folgendermassen:
«Diese Arbeit ist ständig in meinem Leben und in meinen Gedanken und in meinem Herzen präsent. Immerzu. Ich bin ständig damit beschäftigt zu lesen, zu schreiben, zu sprechen, zu denken oder zu planen, aber manchmal tue ich das, während ich in Montana angele oder wandere oder reite. Ich bin irgendwie zwanghaft. Man nennt mich einen Workaholic. Ich kann das überhaupt nicht so sehen, denn für mich ist es keine Arbeit, es ist mein Leben…Das ist es, was ich tue, das ist es, was ich liebe. Es ist das, was mich definiert.»
Eine Organisation, die ihren Mitarbeitenden Flow-Erfahrungen und persönliche Entfaltung ermöglicht, ist in sich eine wunderbare Sache. Es muss aber noch ein weiteres Kriterium erfüllt sein, damit man von einer solchen Firma sagen kann, dass sie ein «gutes Geschäft» betreibt, und dabei geht es um die Art der Tätigkeit dieser Firma: Stellt sie eine Sache her oder bietet sie eine Leistung an, die sowohl auf lange Sicht als auch jetzt und heute zum Glück der Menschen beiträgt? Ist das Produkt oder die Leistung neutral, was das Wohlergehen der Menschen angeht? Oder handelt es sich um etwas, von dem wir bedauern werden, dass es überhaupt eingeführt worden ist? Wenn es sich um letzteres handelt, wäre es dann nicht sinnvoll, sich nach einem Job umzusehen, der dem eigenen Gewissen guttut?
Quellen:
Flow-Das Geheimnis des Glücks, Mihaly Csikszentmihalyi, Klett-Cotta, ISBN 978-3-608-96148-5
Flow im Beruf, Mihaly Csikszentmihalyi, Klett-Cotta, ISBN 3-608-94795-3
Text/Zusammenfassung: Isabella Denz, MAKE A JOB GmbH, Baden